Am Abend des 26. April 2018 trafen sich Mitglieder von fim Berlin-Brandenburg mit Leonie Baumann, der Rektorin der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Der Fokus lag auf der »Rolle der Frau« – diesmal in der Branche Kunst & Wissenschaft. Eine kleine, feine Runde, die einen tiefer gehenden Dialog ermöglichte.

Bevor Leonie Leonie Baumann mit ihren Ausführungen begann, stellten sich die Teilnehmerinnen ausführlich. Selbst langjährige fim Mitglieder staunten, welche »Perlen« bei fim aktiv sind, wie unterschiedlich die berufliche Entwicklung in verschiedensten Branchen verliefen und wie ähnlich die Frauen im fortgeschrittenen Berufsleben grundlegende Änderungen vollzogen hatten. Unpassende Randbedingungen im Berufsleben, in der Führung, in der Branche, Erwartungen an die Frauen, die sie nicht (mehr) erfüllen wollten, morgens noch »in den Spiegel schauen können« – das waren Gründe für Veränderungen – zu mehr Selbstbestimmtheit für die Frauen in ihren jeweiligen Funktionen.

Leonie Baumann selbst fand per Zufall zu ihrem Schwerpunkt im Leben – durch ein Praktikum und durch ehrenamtliche Tätigkeit, die die Initialzündung »Kultur gehört zu unserem Selbstbewusstsein« für sie war und sie geprägt hat. Schon seit den 70-er Jahren entwickelten sich die Themen »Frauen & Gleichberechtigung & Diskriminierung« zu ihrer Herzensangelegenheit. Seit sieben Jahren leitet sie die Kunsthochschule Weißensee mit ihren 850 Studierenden als Rektorin. 60 bis 70 % aller Professuren wurden seitdem neu besetzt und seit drei Jahren herrscht in diesem Bereich Gleichstellung. Dank Leonie Baumann und ihres unermüdlichen Einsatzes, geeignete Frauen zu finden und zu fördern. Das macht sich bemerkbar.

Trotzdem stellt sie sich die zentrale Frage: Wo bleiben die Frauen nach dem Studium? 60 – 70 % aller Studierenden an der Kunsthochschule sind Frauen. Leonie Baumann führt an, dass in Auswahlgremien immer noch hauptsächlich Männer vertreten sind. Und diese »auch nur selektiv wahrnehmen«. D.h. dass sie Frauen einfach nicht sehen bzw. sie anders bewerten. Man schaue einfach mal in Kunst/Wissenschaft-Nachschlagewerke: »Frauen rutschen durch die Roste.« Es wird so getan, als gäbe es keine wichtigen und erfolgreichen Frauen in Kunst und Wissenschaft. Die meisten Förderprogramme sind auf männliche Biografien ohne Kinder ausgerichtet.

Es gibt aber Möglichkeiten, Frauen zu fördern: Als Mitglied in der Jury »Kunst am Bau« sorgte Leonie Baumann für die Anwendung gleicher Kriterien für Frauen und Männer. Sie setzte sich für anonyme Bewerbungsverfahren für Bauprojekte ein. Das wurde seit Ende der 80-er, Anfang der 90-er Jahre normal und steigerte die Erfolgsaussichten für Frauen enorm.

Leonie Baumann nutzt als Rektorin ihren Einfluss für das Thema Gleichstellung an der Kunsthochschule – die Stellschrauben:

  • paritätische Besetzung von Berufungsfunktionen
  • paritätische Besetzung von Auswahlfunktionen
  • Vorgaben bei der Vergabe von Stipendien, die dem %-ualen Anteil von Frauen im Studium entsprechen müssen
  • %-ualer Anteil von Frauen bei Preisverleihungen
  • %-ualer Anteil von Frauen bei der Vergabe von Atelierplätzen
  • Podiumsdiskussionen mit Frauen besetzen

Nur 5 bis 6 % aller Künstlerinnen können von ihrer Kunst leben. Das ist seit den 70-er Jahren so. Deshalb wünscht Leonie Baumann ihren jungen Kunst-Studentinnen, dass sie reine Lebenskünstlerinnen werden sowie ihre innere Spannung und Haltung bewahren, etwas produzieren zu müssen, was sie gerade bewegt.